Vermeidung hormoneller Methoden

Frage: „Sie haben angegeben, dass Sie im letzten Monat nicht-hormonelle Verhütungsmethoden verwendet haben. Vermeiden Sie hormonelle Verhütungsmethoden aus Sorge wegen möglicher Nebenwirkungen?“

64 % aller befragten Frauen (n=648) haben im letzten Jahr selbst verhütet und 5,3 % aller Frauen verhüten nicht-hormonell aus Sorge vor Hormonen. Diese Frauen wenden zwar zu einem hohen Prozentsatz die Kupferspirale an, allerdings verhüten sie auch deutlich öfter mit wenig wirksamen Methoden als der Durchschnitt derjenigen Frauen, die verhüten (Siehe Grafik 22b)

Kommentar:
Bei 12,8 % aller Frauen beeinflusst die ablehnende Haltung gegenüber Hormonen die Wahl der Verhütungsmethode. Diese Gruppe setzt sich zusammen aus den Frauen, die verhüten, aber wegen möglicher Nebenwirkungen keine Hormone nehmen (5,3 % aller Frauen), und jenen, die aus dem gleichen Grund gar nicht verhüten (7,5 % aller Frauen). Die ablehnende Haltung gegenüber Hormonen führt signifikant häufiger zur Anwendung einer wenig wirksamen Verhütungsmethode. Besonders häufig wird unter den 30–39jährigen Frauen aus diesem Grund nicht verhütet (siehe Kapitel „Wer verhütet nicht und warum“).

Das bedeutet, in diesen Fällen wird aufgrund einer bewussten Vermeidung hormoneller Methoden weniger wirksam oder gar nicht verhütet. Die ablehnende Haltung gegenüber Hormonen setzt Frauen damit einem erhöhten Risiko einer ungewollten Schwangerschaft aus. Damit zeigt sich, dass die häufig getätigte Aussage, es gäbe viele und wirksame Alternativen zu hormonellen Verhütungsmethoden, ein Mythos ist.

 

Woher kommen die Informationen über befürchtete Nebenwirkungen?

Frage: „Woher stammen die Informationen, die Ihnen Sorge bereiten?“

Von den Frauen, die aus Sorge vor Nebenwirkungen eine Methode ohne Hormone anwenden (5,3 % aller befragten Frauen), tun dies mehr als die Hälfte aufgrund eigener Erfahrungen (3,3 % aller befragten Frauen).
Ein großer Teil derjenigen, die hormonelle Methoden vermeiden (37 %), tut dies jedoch ohne, dass sie selbst negative Erfahrungen hatten, sondern lediglich basierend auf Berichten von anderen. Dieser hohe Prozentsatz erklärt sich teilweise dadurch, dass die Hälfte der Frauen, die hormonelle Methoden vermeiden, grundsätzlich der Überzeugung ist, dass „Hormone nicht gesund sein können“.

Vermeiden hormoneller Methoden – Eigene Erfahrungen mit Nebenwirkungen

Frage: „Welche der folgenden Nebenwirkungen haben Sie bei sich beobachtet?“

Etwa 3,3 % aller befragten Frauen wenden nicht-hormonelle Methoden an, weil sie selbst schon einmal Nebenwirkungen bei der Anwendung hormoneller Methoden erlebt haben. Die berichteten Symptome sind: Lustlosigkeit, Gewichtszunahme, Kopfschmerzen, Gereiztheit, eine Thrombose bzw. Brustspannen (kleine Fallzahl).
Dieses Ergebnis deckt sich mit der Befragung von 2012, obwohl die Fragestellung geringfügig unterschiedlich war. Damals haben 5,6 % aller Frauen angegeben, sie hatten selbst negative Nebenwirkungen bei der Einnahme der Pille erlebt.

Kommentar:
Die Befürchtung negativer gesundheitlicher Folgen durch hormonelle Verhütungsmethoden ist weit verbreitet und medial sehr präsent. Bei 12,8 % aller Frauen hat dies zu der bewussten Entscheidung geführt, nicht-hormonell und damit weniger wirksam oder gar nicht zu verhüten.
Die Ergebnisse dieser Befragung und die Erfahrungen in der Verhütungsberatung zeigen, dass die Sorge häufig undifferenziert ist und auf einem Wissensdefizit über die Wirksamkeit der verfügbaren Methoden und die Wirkung von Hormonen basiert. Dies verlangt nach mehr evidenzbasierten Informationen. Es ist mehr Aufklärung über wirksame Verhütungsmethoden notwendig. Außerdem sollte das vergleichsweise sehr geringe Risiko von Nebenwirkungen (z. B. Thrombosen) bei den wirksamen hormonellen Verhütungsmethoden realistisch dargestellt werden. Ferner muss dieses sehr geringe Risiko in Relation gesetzt werden zu anderen Risikofaktoren, wie Rauchen, Gewicht, Alter, Schwangerschaft, Wochenbett oder Bewegungsmangel.

Frauen, die nicht hormonell verhüten wollen, müssen besser darüber informiert werden, dass es wenige wirksame Alternativen gibt. Und diese sind entweder weniger wirksam (Tage zählen, Selbstbeobachtung etc.) oder mit anderen Nebenwirkungen behaftet (Sterilisation ist endgültig, Kupfer-Spirale führt eher zu stärkeren Blutungen und Regelschmerzen).

Durch eine sachliche Aufklärung können die meisten Befürchtungen vor gesundheitlichen Folgen hormoneller Verhütungsmittel dem real sehr geringen Risiko gegenübergestellt werden. Auch sollte über die zusätzlichen Vorteile von hormoneller Verhütung informiert werden, wie der Schutz vor Eierstockund Gebärmutterkrebs, ein regelmäßiger Zyklus und weniger Regelschmerzen, sowie – falls gewünscht – seltenere Regelblutungen (www.periodenfrei.info). Diese Informationstätigkeit benötigt Zeit, die in der ärztlichen Praxis kaum bzw. nicht vergütet wird. Gleichzeitig fehlen finanzielle Ressourcen für breite Informationskampagnen.

Seit einigen Jahren ist auch in Österreich eine „Anti-Hormon“ Berichterstattung zu beobachten, welche das tatsächliche Risiko von hormonellen Verhütungsmitteln emotionalisiert und verzerrt darstellt. Dieses Phänomen ist als „pill scare“ aus anderen Ländern bekannt, wo auch eine Zunahme an Schwangerschaftsabbrüchen dokumentiert ist. (Siehe: news.bbc.co.uk und ncbi.nlm.nih.gov/pubmed)